Unter den Gassen von Khizar Teil 3

In dieser Geschichte entdeckst du mit Allanor einen verborgenen Schatz in Khizar. Die nächsten Teile folgen dienstags. Teil 1 hier.

„Wooooooooooooooooh!“, rief Allanor und sein Freudenschrei hallte von den Wänden der unterirdischen Halle wider, während er immer schneller die steinerne Rutsche hinunter sauste. Die umgebende Dunkelheit verschwand, je näher er seinem magischen Licht kam, das über dem Steinboden am Ende der Rutsche schwebte. Abgesehen davon kam ihm nichts bekannt vor, und das war ihm auch egal, denn er war sich bewusst, dass er bald auf einen festen Boden zustürzen würde, was ihm ein paar wunde Pobacken bescheren würde. Sein Herz schlug schneller bei diesem Gedanken.
Vorsichtig stellte er seine Füße auf und drückte die Sohle seiner Schuhe gegen die Bahn, was ihn langsam abbremste. Die Rutsche machte eine letzte Kurve nach rechts und er stürzte geradewegs hinab in den Abgrund. Sein Haar flatterte. Seine Augen tränten. Er klammerte sich krampfhaft an den Rand der Rutsche, um weiter abzubremsen. Seine klammen Hände schmerzten. Sein Wooooooooh wurde zu einem Oooooooo! und er schaffte es!
Der junge Magier bremste ab und landete hart, aber zumindest nicht allzu schmerzhaft, auf dem Boden der unterirdischen Halle.

Jenseits des Scheins seines magischen Lichts war es dunkel. Ein Schauer überkam Allanor, und plötzlich spürte er Angst. Er nahm etwas magisches Material aus seinem Beutel, beschwor eine weitere Kugel und schickte sie in einer Spirale umher. Langsam und nur für einen kurzen Moment enthüllte sie den hellgrauen Boden der Halle, bis sie nach fünf Runden endlich eine Wand erreichte. Zwischen Allanor und der grün schimmernden Wand befand sich tiefste Finsternis. Sein Magen zog sich zusammen. Er stellte sich vor, wie etwas mit viel zu großen Zähnen auf ihn zukroch. Er lauschte, hörte aber nur seinen Magen knurren.
Allanor fasste Mut und rannte durch die Dunkelheit zur Wand. „Hier ist nichts“, redete er sich ein. Mit jedem Schritt wurde die Angst stärker. Doch er konnte sich nicht ganz beruhigen und lauschte weiter in die Dunkelheit.
Die Wand bestand aus meterlangen, dünnen Quadern des grünen Steins, den er oben entdeckt hatte. Hier war der Stein glatt wie eine polierte Metallscheibe. Er ließ die Lichtkugel nach oben wandern. Die Mauer stieg Meter für Meter an. „Die Elfen haben die erste Stadt gebaut, aber ist das hier schon ein Teil ihrer versunkenen Stadt?“
Seine magische Lichtkugel sank wieder und beleuchtete die Mauer der Länge nach. Alles war glatt wie Glas. „Hier muss es etwas geben. Ich kann nicht mit leeren Händen zurückkommen“, dachte er.

In diesem Moment prallte ein klapperndes Geräusch wie von einer Glasmurmel an den Wänden ab, so dass es Allanor vorkam, als käme es von allen Seiten. Es wiederholte sich und dann wurde es still. Allanor hörte nichts und fragte sich, woher das Klacken kam. Er wartete, aber es wiederholte sich nicht. Schließlich besiegte ihn die Ungeduld, und er machte sich daran, die Wand abzusuchen.
„Ich wünschte, ich hätte Leo gebeten, mit mir zu kommen“, dachte Allanor, als nach hundert Schritten die Wand abknickte. Er war die komplette Seite abgelaufen und hatte nichts entdeckt.

Er wünschte sich, seine Sinne wären schärfer. Die Wände blieben glatt und der Boden war leer. Er seufzte: „Ich suche und suche, und finde nichts.“ Die Enttäuschung raubte ihm jegliche Lust und er blickte zur Mitte des Raumes, wo die Rutsche in der Dunkelheit stand. „Ich kann jetzt nicht einfach gehen. Ich muss wenigstens alle Wände ablaufen.“
Aber es war eine mühsame Übung, denn die zweite Wand führte irgendwann zu einem weiteren Knick. Langsam spürte Allanor Hunger und Durst aufkommen. „Ich breche ab, laufe nach Hause, frühstücke und gehe schlafen“, dachte er,. Er war erleichtert und ging auf die Mitte der Halle zu, wo an der Rutsche seine erste Kugel schwach leuchtete. „Ich kann doch nicht einfach gehen, oder? Ich bin am Morgen aufgewacht, in der Kälte durch die Stadt gelaufen, habe den Geheimgang gefunden, alle Schriftrollen in der Bibliothek durchgesehen und obendrein den Eingang zu den Elfenruinen gefunden. All diese Mühe wäre sinnlos, wenn ich jetzt aufgeben würde.“

Er machte einen Schritt vorwärts, aber es war, als würde er auf der Stelle treten. Der nächste Schritt machte es auch nicht leichter. Ausreden kamen auf, aber er hörte nicht auf sie. Schritt für Schritt zwang er sich weiter. Immer die gleiche grüne Wand! Er machte einen weiteren Schritt und noch einen Schritt.

Da wurde ihm klar, dass er es war, der das hier machen wollte. Keine Schriftrolle, kein Zauberspruch, kein Geheimgang, kein Elfenartefakt bewegte seine Beine. Er hatte das Bett verlassen, weil er hier sein wollte.

In diesem Moment ertönte vor ihm ein klapperndes Geräusch. Ein paar Schritte weiter und er erkannte an der Wand ein großes Relief, das ineinander verschlungene Linien zeigte. In der Mitte, einem Schnittpunkt mehrerer Schlingen, befand sich eine daumengroße runde Vertiefung. Allanor fuhr sich aufgeregt mit der Hand durch sein schwarzes Haar. „Es sieht so aus, als ob hier etwas herausgefallen ist. Das waren also die Geräusche. Hm, dann muss es hier irgendwo liegen.“

Allanor kniete sich hin und ließ die Lichtkugel über den Boden schweben, als von oben Geräusche ertönten. Eine Fackel erschien in dem Loch in der Decke, wo die Rutsche begann.

„Ist da wer?“, rief eine unfreundliche Männerstimme.

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